Wer ist die Vertretung für junge Perspektiven?
Ursprünglich waren wir nur eine empörte Jugendredaktion.
Nachdem unser Aufschrei über das AUGENBLICK MAL! 2021 dazu führte, dass wir auf Bitten des Konzeptionsteams und der Leitung in die Festivalstrukturen integriert wurden, mussten wir auch erstmal herausfinden, wer wir innerhalb dieser Strukturen sein wollten. Sind wir die, die nerven, die, die mitkuratieren, die, die ihr eigenes Programm machen? Wir sind die Vertretung für junge Perspektiven im AUGENBLICK MAL! Festival und verstehen uns als Stimme der Jugend in den Diskussionen in und um das Festival. Das bedeutet auch: wir müssen gegen vieles gehen, was bisher so passiert ist und entschieden wurde, denn wir sind einem aktivistischen Anspruch verbunden. Uns ist dabei klar, dass wir nur begrenzte Perspektiven haben und als Gruppe relativ homogen sind. Wir wollen das Festival so zugänglich wie möglich für alle machen und setzen dabei auf einen Diskurs auf Augenhöhe und eine offene Auseinandersetzung. Besonders wichtig ist uns, dass das Kinder- und Jugendtheater nicht ausschließlich von erwachsenen Theaterschaffenden gemacht und diskutiert wird, sondern Kinder und Jugendliche als Expert*innen in eigener Sache in der Szene etabliert werden müssen. Wir wollen die bestehenden Strukturen im Kinder- und Jugendtheater hinterfragen und die Art, wie Theater gemacht, geschaut und beredet wird, verändern.
Selbst-Interview
Was wäre für euch ein ideales Festival 2023? Wie müsste es sich anfühlen? Was sollte nach seinem Ende bleiben?
Lena: Ein offener Raum ohne Grenzen! Das Gefühl, dass man an jedem Gespräch teilhaben kann und wahrgenommen und anerkannt wird. Und am Ende eine noch größere Begeisterung für das Theater als vorher.
Nicole: Ein safespace und Begegnungsort für Theaterkenner und Theaterneulinge. Ein Ort zum Wohlfühlen. Und am Ende sollten Freude und Erinnerung an tolle Stücke und Menschen verbleiben 🙂
Jana: Ein Festival auf dem wir gemeinsam herausfinden, was es bedeuten kann tatsächlich auf Augenhöhe miteinander über Theater zu sprechen und wir versuchen Antowrten darauf zu finden, was die Aufgabe von Kinder- und Jugendtheater in diesen Zeiten ist.
Mariella: Ein Festival für alle. Fürs Fachpublikum und für Kinder und Jugendliche. Ein sicherer Ort ohne Ausgrenzung. Am Ende sollen unsere Köpfe voll mit tollen Erinnerungen sein, sodass wir uns aufs neue Festival noch mehr freuen.
Thalia: Ein Ort an dem Kinder und Jugendliche kostenlos und ohne Schwellen mit Theater und Kunst in Berührung kommen können. In Räumen, die für Kinder und Jugendliche gemacht sind (offene Türen, Türklinken und Sitze auf Kindergrößen angepasst) und in denen mit der Aufmerksamkeitsspanne von Kindern und Jugendlichen geplant wird (rumrutschen/rumklettern ist nicht stören, reinrufen ist okay, rausgehen ist ok). In denen die Art wie Kinder und Jugendliche die Welt wahrnehmen und welche Bedürfnisse sie an sie haben kein Nachgedanke ist und sie sich gesehen, verstanden und aktiv wertgeschätzt fühlen können, auf Weisen, die sie in ihrem normalen Alltag nicht erleben.
Florian: Spannung, Abwechslung, Kreativität, Gewagtes, aber auch Umstrittenes.
Insbesondere der Austausch, auf verschiedenen Ebenen, zwischen den verschiedenen Besuchergruppen, sollte das besondere Feeling Theaterfestivals ausmachen.
Wenn ihr für AM! sichtet, nach was sucht ihr dann?
Lena: Nach den Erlebnissen, die ich gerne gehabt hätte, als ich noch mit meiner Schule ins Theater gegangen bin. Nach Stücken, aus denen vielleicht nicht nur bewährte Theatre Kids etwas ziehen können.
Nicole: Ich suche nach etwas, das Kinder und Jugendliche wirklich anspricht, und sich nicht nur an den Klischees der Gen Z bedient.
Mariella: Für mich ist einer der wichtigsten Punkte, dass mir nicht langweilig wird und ich Spaß habe beim Zuschauen. Außerdem ist mir wichtig, dass Kinder und Jugendliche auf der Bühne authentisch gezeigt werden und man keine Klischees über Jugendliche reproduziert.
Thalia: Ich suche immer wieder danach, mich selbst oder mein inneres Kind auf der Bühne zu sehen. Ich will, dass unsere Geschichten erzählt werden. Wenn mir jemand versucht etwas zu erklären schalte ich ab.
Florian: Ich suche keine "0815 - Stücke", die die typischen (bewährten) Stilmittel des Theaters nutzen, sondern überraschendes und neues, welches in Erinnerung bleibt. In meiner Erfindung sind Stücke, an denen ich mich am nächsten Morgen nicht erinnern kann, ungeeignet für ein Theaterfestival. Ebenfalls habe ich einen besonderen Schwerpunkt auf die Nachhaltigkeit eines Stückes, also ich Suche dieses Gefühl, mit Freunden darüber zu sprechen. Und den ganzen Abend, und nächsten Tag nachdenken muss, dann hat dieses Stück alles richtig gemacht.
Was war dein schönster AM! Moment? / Schönster Moment in der Arbeit der Vertretung für junge Perspektiven?
Lena: Unsere Live-Treffen in Marburg und Bremen! Die waren immer interessant, erkenntnisreich und haben vor allem sehr viel Spaß gemacht!
Nicole: Der Moment, in dem die Vertretung für junge Perspektiven "gegründet" wurde - ich hätte nie davon geträumt, Teil von sowas Großartigen zu sein!
Jana: Die Menschen! Es ist immer wieder so bereichernd -gerade mit meinen Mitvertreter*innen, darüber zu sprechen, was uns beschäftigt und was unsere Ideen sind, es besser zu machen und dann damit zu beginnen, das umzusetzen.
Mariella: Der Moment wo ich alle zum ersten Mal live gesehen hab und alle so aussahen, wie ich sie mir vorgestellt habe. Ich find es auch toll, wenn ich das Gefühl hab, dass unsere Meinungen gehört werden, dass macht mich einfach Glück!
Thalia: Jedes Mal wenn ich das Gefühl habe, dass Kritik zu tatsächlicher Veränderung führt. Das passiert nicht regelmäßig, aber es ist schon passiert und gibt mir Hoffnung für die Zukunft von AUGENBLICK MAL!
Dass bei einem Festival für junges Publikum, auch das jüngere Publikum mitentscheiden kann und sich aktiv einbringt und etwas bewirkt.
Wie habt ihr eure Position/ Arbeit im letzten Festival 2021 wahrgenommen?
Lena: Es war toll, um das Festival kennenzulernen. Aber so lieb und "handzahm" wie damals wären wir heute wahrscheinlich nicht mehr 😀
Nicole: Die Arbeit im letzten Festival hat super viel Spaß gemacht und war für mich augenöffnend bezüglich der Strukturen im Theater die man als Zuschauer nicht sieht.
Jana: Es schien mir damals eine riesengroße Ehre, dort sein zu dürfen in einer schreibende Position. Jetzt stehen wir vor dem nächsten Festival und fordern tatsächliche Teilhabe von uns Jugendlichen und Kindern, statt netten Artikeln.
Mariella: Ich fand es toll das Festival so kennenzulernen. Ich glaube wir waren noch sehr zurückhaltend und ich denke, dass sind wir jetzt nicht mehr.
Thalia: Für mich hat es sich damals angefühlt wie Tokenism um Partizipation zu suggerieren ohne Kinder und Jugendliche im Festival tatsächlich ernstzunehmen und zu empowern. Das zeigte sich für mich durch das Kuratorium und die eingeladenen Stücke, die Festivalzeiten, die Art wie über die Hingucker*innen gesprochen und wie die Beiträge gezeigt wurden und dadurch, wie mit Kindern und Jugendlichen in den Diskussionsformaten umgegangen wurde. Überraschenderweise konnten wir dann darüber sprechen und ich durfte darüber schreiben. Das war für mich ein sehr wichtiger Schritt von Seiten des Festivals.
Was hat euch bewegt die Vertretung für junge Perspektiven zu gründen?
Lena: Das Gefühl, nicht zu verstehen und nicht verstanden zu werden!
Nicole: Der Wunsch nach Gleichberechtigung.
Jana: Das Unverständnis darüber, dass Erwachsene entscheiden, was für mich relevant sein soll.
Mariella: Wenn ich in einem Nachgespräch sitze und ich das Gefühl hab, dass sich hier alles nur um die Erwachsenen dreht und deren nächsten Anstellung am Theater.
Thalia: Nach Verbitterung ein Gefühl von Neugierde, ob wir es wirklich besser machen können und dürfen.
Was macht für euch das Besondere am Theater aus?
Lena: Die Begegnungen. Die Energie. Das An-den-Moment-gebunden-sein.
Nicole: Vor allem das Live-Sein und Zusammenspiel mit dem Publikum, aber auch die Macht, zu unterhalten und zu bewegen können.
Jana: Der Moment in dem Geschichten Wirklichkeit werden können für einen kurzen Moment, den das Theater immer wieder durch seine Bilder und Worte erschafft.
Mariella: Ich liebe es Menschen zu zuhören und zu sehen mich einfach fallen zulassen und die Energie der anderen Menschen zu spüren.
Thalia: 6 Wochen intensive Teamarbeit, für einen Live-Moment. Ich fühle mich selten intensiver verbunden mit dem was Zusammenleben bedeutet.
Florian: Das letzte Festival war eine Reise, eine fantasievolle Reise, mit tollen Menschen und der tollen Erfahrung, über die Stücke zu schreiben und seine Meinung äußern zu können, und nun beginnt das nächste Abenteuer; als Vertreter für junge Perspektiven.